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Texas Krücke – der Trick für ultra zartes BBQ

Texas Krücke – der Trick für ultra zartes BBQ

Nach unseren bisherigen Ausflügen in die Welt des BBQ wird es nun Zeit noch mehr in die Tiefe zu gehen. Darum widmen wir uns heute einer inzwischen bewährten Grillmethode, die viele Barbecue-Fans in zwei unerbittliche Lager spaltet. Denn die Texas Krücke ist durchaus umstritten unter Grillmeistern. Während die einen darauf schwören, mit ihr den punktgenauen Garpunkt und die gewünschte mürb-saftige Textur in kürzester Zeit zu erzielen, verachten sie die anderen, weil nach ihrer Meinung mit der Abkürzung der wahre Spirit der Holy Trinity verloren geht. Für uns also höchste Zeit, tiefer in die Materie einzutauchen.

Was versteht man unter der Texas Krücke?

In aller Kürze steht die Texas Krücke für das Einwickeln des Garguts, um die oft eintretende Temperatur-Plateauphase im letzten Drittel der Garzeit zu überspringen – also eine Beschleunigung des Garprozesses. Die Details erklären wir euch im weiteren Verlauf dieses Artikels. Im Geburtsland des Barbecue, den Vereinigten Staaten, ist die Texas Krücke auch als Texas Crutch oder Texas Style bekannt. Inwiefern die Zubereitung etwas mit Texas zu tun hat, ist allerdings bis heute unklar. Der eher abwertend gemeinte Begriff wird vor allem von echten Grillpuristen verwendet, die jene Wickeltechnik als Frevel ansehen. Ihrer Meinung nach hat ein solches Vorgehen bei der Zubereitung nichts mehr mit dem unverfälschten Real Barbecue zu tun. Im Grunde bezeichnet der umgangssprachliche Begriff aber lediglich eine pfiffige Methode zum Verkürzen der Garzeit. Sie wurde ursprünglich zunächst nur für das typische Pulled Pork angewendet, fand dann aber schnell den Weg zur Verfeinerung weiterer BBQ-Klassiker.

Und die Erfolgsgeschichte gibt ihr Recht. Denn inzwischen wird die Zubereitungsart nicht nur von Hobbyköchen, sondern auch von Barbecue-Profis weltweit angewandt. Vor allem bei großen Grillmeisterschaften gehört sie inzwischen fast schon zum Standard.

Schneller zum vollendeten Grillgenuss

Ganz traditionell betrachtet geht es beim BBQ in erster Linie um Low & Slow- Gerichte. Dabei sind eine strenge Temperaturüberwachung und vor allem viele Stunden des geduldigen Wartens das A und O. So kann die Zubereitung gut und gerne 18-20 Stunden in Anspruch nehmen. Dabei dreht sich alles darum, einen zarten Kern im Inneren des Fleisches zu erhalten, während die Oberfläche alle Raucharomen in sich aufnimmt und eine charakteristisch Kruste bildet, ohne zu verbrennen oder auszutrocknen. Das gelingt nur, indem man dafür sorgt, dass die Fasern aufbrechen und eine Kollagenumwandlung stattfindet. Dieser Prozess startet in der Regel schon während der ersten Stunden im Smoker bei Temperaturen um die 65°C. Die allgemeine Arbeitstemperatur im Garraum beträgt durchschnittlich 120°C – für ein perfektes Resultat wird jedoch eine Kerntemperatur von 90-95°C benötigt.

Aber mit zunehmender Faserkontraktion tritt auch Flüssigkeit aus. Das lässt das Fleisch mit der Zeit zum einen austrocknen und führt zum anderen zu einem Energieverlust. Denn die verdampfende Flüssigkeit wirkt ab Temperaturen um die 70-80°C wie eine Bremse für den weiteren Temperaturanstieg. Die sogenannte Plateauphase hat begonnen.

Was passiert während der Plateauphase genau?

Kurz gesagt geht es also bei der Anwendung der Texas Krücke im Grunde darum, die sogenannte Plateauphase zu überspringen, um die letzten entscheidenden Gradzahlen im Kern zu erreichen. Wir spulen sozusagen ein Stück vor und können damit schneller ans gewünschte Garziel gelangen.

Die Plateauphase ist der Zeitraum beim Garen, in dem die Kerntemperatur im Grillgut aufhört, linear zu steigen. Der vorher signifikante Temperaturanstieg hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht und beginnt sich zu verlangsamen. Öffnet man dann noch zusätzlich den Deckel des Smokers, kann er sogar stagnieren oder die Temperatur komplett abfallen. Das Resultat: Eine noch längere Garzeit und gleichzeitig ein erhöhter Flüssigkeitsverlust im Fleisch.

Verantwortlich für diesen Effekt, ist die Oberflächenverdunstung. Die Flüssigkeit tritt aus dem Garstück aus, verdunstet und kühlt damit die äußeren Schichten ab. Man könnte also von einem Saunaeffekt im Smoker sprechen, der jeden weiteren Temperaturanstieg vorübergehend verhindert. Warum die Hitzeentwicklung nur temporär stagniert, ist ebenso leicht zu erklären. Sobald die Oberfläche abgetrocknet ist, kann sich auch keine Verdunstungskälte mehr bilden – folglich kann die Kerntemperatur weiter steigen.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Plateauphase deutlich von der Menge an Luftfeuchtigkeit im Garraum abhängig ist. Je trockener die Luft, desto stärker greift der Effekt und umgekehrt. Genau an diesem Punkt setzt die Technik der Texas Krücke an.

Das Zauberwort lautet: Bindegewebe

Ganz ähnlich wie bei Schmorgerichten arbeitet das im Fleisch enthaltene Bindegewebe mit der fortschreitenden Zeit während des Smokens für uns. Der altbekannte Kollagenzersetzungsprozess. Es wird in Gelatine umgewandelt und löst sich nach und nach auf. Doch im Gegensatz zum klassischen Schmoren, wird bei der Texas Krücke kaum zusätzliche Flüssigkeit als Wärmeleiter benötigt. Das Grillgut gart sozusagen auf engstem Raum im eigenen Saft.

Um diesen Prozess in die Tat umzusetzen, benötigt man viel Energie die direkt am Fleisch für uns arbeitet. Da beim Smoken nur wenig Flüssigkeit zur Verfügung steht, wird dem Wärmeleitfähigkeit auf eine andere Art und Weise auf die Sprünge geholfen.

Möglichkeiten mit der Texas Krücke den Garraum zu verkleinern

Wie so oft gibt es auch bei der Anwendung der Texas Krücke nicht nur einen Weg zum Ziel. Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung der Technik, ist die entstehende Dampfatmosphäre auf einen möglichst kleinen Raum zu beschränken. Nur so wird der lineare Temperaturanstieg unterstützt und der Garprozess optimal beschleunigt. Das erreicht man am besten, indem die Grillstücke in kleine Päckchen gewickelt und der Garraum somit komprimiert wird.

Wir haben einmal die verschiedenen Herangehensweisen mit ihren Vor- und Nachteilen genauer durchleuchtet.

Aluminiumfolie: Die simpelste Variante sollte am besten mit großen, stabilen Folienstücken umgesetzt werden. Die Aluminiumfolie wird eng um die Fleischstücke gewickelt, um alles möglichst luftdicht zu verschließen. Die Temperatur kann nun stetig weiter steigen, allerdings leidet die bereits gebildete Kruste bei dieser Art der Umsetzung.

Butcher Paper: Hierfür wird unbehandeltes und vor allem unbeschichtetes Papier* verwendet. Im Vergleich zur undurchlässigen Folie, weicht hier die Kruste weniger stark auf. Jedoch können umgekehrt auch mehr Fleischsäfte austreten und die Garzeit wird dahingehend weniger verkürzt.

Blechwanne: Die Garstücke werden nebeneinander in die Schale gesetzt und anschließend gründlich mit Alufolie bedeckt (wichtig ist dabei die Kanten sauber abzuschließen, damit kein Wasserdampf entweichen kann). Die Schale sollte zudem nicht überladen werden, damit die Kruste nicht zu stark aufweicht. Hierfür verwenden wir diese hitzebeständigen Gastrobehälter aus Edelstahl*.

Alle drei Methoden helfen letztendlich dabei den Garvorgang beim BBQ zu beschleunigen, indem sie die Hitze direkt am Fleisch halten. In Punkto sauberes Handling und Garzeitverkürzung ist der Weg über die Blechwanne für uns jedoch der moderateste. Ein weiterer Pluspunkt: während der Folienphase wird die Kruste weniger stark aufgeweicht, da sich die Flüssigkeit am Boden sammeln kann.

Die Texas Krücke lässt sich für den ersten Versuch übrigens wunderbar für unser Rezept vom ultrazarten Beef Brisket oder dieses überragende Pastrami von Lucki anwenden. Und auch bei unseren Spare Ribs nach der 3-2-1-Methode kommt es regelmäßig zum Einsatz.

Kompromissbereitschaft bei der Kruste

Alle Liebhaber der perfekten tiefdunklen Kruste müssen jetzt jedoch stark sein. Denn auch wenn sie ihre wunderschöne Mahagonifarbe bei Anwendung der Texas Krücke behält, weicht die äußerste Schicht durch den Dämpfprozess (je nach angewandter Herangehensweise) mehr oder weniger stark auf. Die Kompromissbereitschaft wird allerdings auch mehr als belohnt. Denn das Resultat sind auf den Punkt makellos gegarte Prachtexemplare von Pastrami, Brisket, Ribs und Co.!

Wer dennoch nicht auf seine tadellose Kruste verzichten möchte, kann nach dem Auspacken eine weitere kurze Runde im Smoker riskieren, um die Oberfläche zu trocknen und die Kruste zumindest teilweise wiederherzustellen. Unser Fazit ist eindeutig – um beim BBQ sowohl in Sachen Saftigkeit und Konsistenz, als auch zeitlich eine stressfreie Punktlandung hinzulegen, ist die Texas Krücke die perfekte Lösung.

Um direkt loslegen zu können, schaut auch gleich auf dem Fleischglück-Marktplatz vorbei und holt euch die Grundausstattung der beliebtesten Barbecue-Klassiker!

Autorin – Isabella Wenzel

 

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