Tafelspitz mit Meerrettichsauce – der Schmorklassiker vom Grill
Ganz gleich ob vom Rind oder Kalb – der Tafelspitz zählt nach wie vor zu den beliebtesten Schmorgerichten. So lang behutsam gegart, bis es allein mit dem Löffel verspeist werden kann. Doch ganz so zart soll unsere heutige Variante nicht werden, wir möchten das Beste aus zwei Welten miteinander verbinden. Die traditionellen Attribute der Wiener Küche und die kernigen Eigenschaften der Zubereitung vom Tafelspitz auf dem Grill. Das Endresultat und den Weg dorthin haben wir für euch Schritt für Schritt festgehalten.
Ein Tafelspitz – zwei Garmethoden
Für gewöhnlich landet das Fleisch vom Tafelspitz wie bereits erwähnt nicht auf dem Grill. Es dient als gängiges Kochstück – langsam geschmort in einem Sud aus allerhand Wurzelgemüse. Dazu reicht man herkömmlich eine Beilage aus Kartoffeln und den obligatorischen Meerrettich. Doch der altbewährte Klassiker bietet weitaus mehr Facettenreichtum, als man auf den ersten Blick vermutet.
Wir haben in Anlehnung ans Original eine Grillversion entwickelt. Dafür gart das Fleisch zunächst direkt über der Glut, um die rauchigen Aromen aufnehmen zu können. Und im Anschluss auf einem bunten Bett aus Gemüse Mithilfe einer ganz speziellen Grillmethode aus der Welt des BBQ. Zum direkten Vergleich der Zubereitungsarten haben wir hier noch unser Rezept für das traditionell zubereitete Tafelspitz für euch – samt einiger Hintergrundinfos rund um das edle Schmorstück.
Kann der traditionelle Tafelspitz mit dem Picanha mithalten?
Das Picanha ist in Südamerika und einigen europäischen Ländern wie Portugal ein fester Bestandteil eines jeden Asado. Bei diesem großen Grillfest kommen alle Freunde und Familien über viele Stunden am Feuer zusammen. Ganz traditionell wird bei dem Ritual jeder kleine Zubereitungsschritt mit viel Hingabe zelebriert. Denn damit möchten die Churrasqueiros dem Fleisch und damit den dafür gestorbenen Tieren ihren Respekt zollen. Während bei uns der Tafelspitz in erster Linie als Schmorfleisch betrachtet wird, gehört es dort unweigerlich auf den Grill. Hufeisenförmig auf einem Spieß angeordnet, darf das Fleisch von der Spitze des Cuts unter ständiger Rotation garen. Für diese Art der Zubereitung ist der dort typische Fettdeckel am Zuschnitt unerlässlich. Im Gegensatz zu unserem geschmorten Siedefleisch, reift der Tafelspitz für das Picanha jedoch deutlich länger und ist damit entsprechend aromatischer.
Um auch bei unserem eher typisch mitteleuropäischen Rindertafelspitz möglichst viel Schmelz ins Spiel zu bringen, bleibt der sonst verschmähte Fettdeckel dran. Er wird lediglich ein wenig zurecht getrimmt und in Form gebracht. Zudem entscheiden wir uns für ein Produkt vom Wagyu, um möglichst viel intramuskuläre Fetteinlagerung und intensive Aromen zu haben. Und auch in Punkto Gewürze bleiben wir dem Stil des Asado treu – es bleibt ganz puristisch bei Salz und Pfeffer, um den Eigengeschmack vom Fleisch möglichst gut hervorzuheben. Etwas zusätzliches Aroma kommt dann nur noch durch ein kleines Gemüsebett ins Spiel. Doch im Gegensatz zum Picanha portionieren wir unser Stück nicht in kleine Einzelteile, sondern garen es als Ganzes, wie im Originalrezept.
Die Texas Krücke mit Gemüse
Unser Ziel ist definitiv kein butterzartes Stück. Im Gegenteil, wir wollen den charakteristischen Biss vom Tafelspitz nicht völlig zerstören. Doch die Saftigkeit und das Fleischaroma sollen nicht vom mühsamen Kauen auf einem zähen Schmorstück getrübt werden. Darum arbeiten wir mit der bewährten Texas Krücke – sie sorgt für einen deutlich zarteren Genuss. Durch die abgekürzte Garzeit im geschlossenen Garraum, verringert sich die Gefahr des Austrocknens. Passend zur althergebrachten Rezeptur aus Österreich, kommt aber zusätzlich Suppengemüse zum Einsatz. Es bringt noch etwas mehr geschmackliche Tiefe in den Fleischsud, welchen wir direkt zu einer feinen Meerrettichsauce weiterverarbeiten. Alle wichtigen Eckdaten rund um die Anwendung der Technik haben wir in unserem Artikel zur Texas-Krücke für euch nochmal zusammengefasst.
Der österreichische Klassiker vom Grill
Der Tafelspitz ist selbst mit viel Marmorierung kein Stück, welches man als klassisches Steak der ersten Wahl auf dem Grill zubereiten würde. Es benötigt wesentlich mehr Zuwendung als ein ohnehin schon zartes Entrecôte. Die Muskelpartie wird umgangssprachlich auch als Schwanzstück bezeichnet. Wir verwenden von dem für gewöhnlich 3-4 Kilo schweren Cut diesmal die hintere, gröbere Partie zur Unterschale hin. Sie hat verglichen mit anderen Regionen vom Tafelspitz das stabilste Fasergerüst. Für das herkömmliche Tafelspitz kommt in der Regel die wesentlich zartere Spitze mit der deutlich feineren Fleischstruktur zum Einsatz.
Nichtsdestotrotz haben wir den Versuch gewagt und sind absolut positiv überrascht. Neben einem zartem rosig anmutenden Smoke-Ring, sticht vor allem der allmählich austretende Fleischsaft beim ersten Anschnitt sofort ins Auge. Die groben Fasern sind noch deutlich zu erkennen und leisten nur noch einen geringen Widerstand. Gerade noch genug, um ein angenehmes, aber dennoch spannendes Kauerlebnis zu ermöglichen.
Tafelspitz mit Meerrettichsauce
Zutaten
- 1,5 kg Tafelspitz mit Fettdeckel vorzugsweise vom Wagyu
- 500 g Suppengemüse Karotten, Sellerie, Zwiebel usw.
- Salz
- frisch gemahlener Pfeffer
- 600 g Pellkartoffeln oder eine Kartoffelbeilage eurer Wahl
Meerrettichsauce
- 500 ml Sud von Fleisch und Gemüse aufgefangen
- 200 ml Sahne
- 2-3 EL Meerrettich frisch gerieben
- 2 EL Mehl
- 1 EL Butter
- 1/2 Zitrone
- 1/2 Bund Petersilie
Anleitungen
- Vorab den Fettdeckel etwas trimmen und der Tafelspitz ringsherum mit Salz und Pfeffer einreiben - außerdem das Suppengemüse in grobe Stücke schneiden.
- Das Fleisch für 130-140°C für zwei Stunden auf den Grill setzen.
- Anschließend das Gemüse in eine hitzebeständige Schale geben und den vorgegarten Tafelspitz darauf platzieren - mit Folie bedecken und nach dem Vorbild der Texas Krücke auf eine Kerntemperatur von 96°C bringen.
Meerrettichsauce
- Für die Sauce den aufgefangenen Sud aus Fleisch und Gemüse durch ein feines Sieb geben.
- Parallel eine Mehlschwitze mit Butter ansetzen und sobald alles im Topf miteinander verschmolzen und sanft gebräunt ist, mit dem Sud aufgießen - einmal unter Rühren kräftig aufkochen und mit Sahne verfeinern.
- Die Sauce noch mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken - kurz vor dem Servieren noch mit frischem Meerrettich verfeinern.
- Das Fleisch in dünne Scheiben aufschneiden und zusammen mit der Meerrettichsauce, frisch gehackter Petersilie und Pellkartoffeln anrichten.
Autorin – Isabella Wenzel