Deutsches Wagyu: Das beste Wagyu-Beef der Welt?
Die These ist mutig – und Superlative immer kontrovers. Dennoch finden wir aktuell: Deutsches (und grundsätzlich europäisches) Wagyu-Beef gehört zum besten Wagyu-Fleisch weltweit – wenn man den Blick ganzheitlich auf Kulinarik, Haltung und Fütterung richtet. Wir wissen selbst, dass man kein Pauschalurteil über alle Wagyu-Züchter dieser Republik fällen kann – und dennoch lässt sich die eindeutige Tendenz erkennen, dass deutsches Wagyu in vielen Bereichen dem Wagyu-Beef aus Japan, Australien und den USA überlegen ist. Warum wir da so sicher sind und wo ihr gutes deutsches Wagyu kaufen könnt, wollen wir euch in diesem Artikel erklären.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Wagyu?
Wagyu-Beef hat sich in den letzten Jahren zu einem regelrechten Hype entwickelt. Während in den Anfangstagen dieses Trends noch das berühmt-berüchtigte „Kobe-Beef“ durch die Medien ging, ist heute immer häufiger einfach von „Wagyu Beef“ die Rede. Dabei ist Kobe Beef gleichzeitig auch Wagyu-Beef, aber nicht andersherum. Bei Zuchtlinien und regionalen Besonderheiten den Überblick zu behalten, ist nicht einfach. Beginnen wir deshalb bei den Grundlagen. „Wa Gyu“ bedeutet wörtlich übersetzt nichts anderes als „Japanisches Rind“. Wagyu ist also streng genommen keine Rasse sondern eine Sammelbezeichnung verschiedener Rinderrassen, die ihren genetischen Ursprung in Japan haben. Sie alle sind heute vor allem durch ihre starken Fetteinlagerungen im Fleisch berühmt geworden – eine Annomalie, die sich möglicherweise durch die Historie der Wagyu-Rinder als intensiv beanspruchte Nutztiere erklären lässt.
Wie entsteht Marmorierung?
Aaron Frankling und Jordan Mackay erklären in ihrem Buch „Franklin Steak“ die ersten Entwicklungsstufen zu einer ausgeprägten Marmorierung der Wagyus so: Rinder wurden in Japan über Jahrtausende hinweg als Lastentiere eingesetzt. Dabei wurde bei der Zucht das Augenmerk immer darauf gelegt, den Belastungsdruck für die Tiere möglichst weit zu erhöhen – so konnten sie mehr tragen und länger arbeiten. Um diese Kraftausdauer auszuprägen, entwickelten die Rinder viele sogenannte „Low-Twitch-Muskelfasern“, die ihre Energie optimalerweise aus Fetteinlagerungen im Muskel beziehen. So wurden (unbewusst) genau diese Einlagerungen stark gefördert, was offenbar die Grundveranlagung zur Bildung einer extremen Marmorierung schuf. Heute wird diese Marmorierung von Fleischliebhabern verehrt, weil sie zu einem unglaublichen Mundgefühl führt.
Allerdings – und das muss man wissen – hat sich die Marmorierung der Wagyu-Rinder in Japan in den vergangenen Jahrzehnten noch einmal massiv verstärkt. Nachdem die ganze Welt mit Neid auf das von weißen Äderchen gesäumte Fleisch blickte, begann die japanische Fleisch-Industrie, diesen Marmorierungshype auf die Spitze zu treiben. Die Veranlagung zur Fetteinlagerung durch die jahrtausende langen ungebrochenen Zuchtlinien wurde und wird auf extreme Weise ausgenutzt. Die Grundregel in der Fleischproduktion weltweit: Je weniger Bewegung und Licht ein Rind hat, desto mehr verfettet sein Muskelgewebe. Eine extreme Kohlenhydrat-Mast treibt die Marmorierung ins Unermessliche. So entstehen die bekannten Bilder von Wagyu-Beef aus Japan, die fast schon surreal erscheinen. Das Fett-Fleisch-Verhältnis gerät völlig aus den Fugen. Mehr zum Kobe Hype, kann man hier nachlesen.
Wagyu in Japan
Japan pflegte lange Zeit eine strikte Isolation dieser Fullblood-Wagyus – wissend, welche Exklusivität und Marktmacht dadurch aufgebaut würde. Erst im Jahr 1976 wurde der Export von zwei schwarzen und roten Wagyu-Bullen in die USA genehmigt. Doch eine Zucht mit vier Bullen ist schwer – Kreuzungen mit anderen – heimischen Rassen – waren unvermeidbar. So verwässerte die reine Wagyu-Genetik schnell und hohe Wagyu-Anteile in Kreuzungen wuchsen massiv im Wert. Bis heute wird für besonders reine Wagyu-Genetik astronomische Preise bezahlt, da Japan die Exklusivität nach wie vor aufrecht erhält.
Nun darf man allerdings die Frage stellen: Ist reinrassiges und extrem gemästetes Wagyu überhaupt das Nonplusultra, was Geschmack und Textur angeht? Sicherlich ist extrem marmoriertes Wagyu ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis. Allerdings ist es auch schwer durchschaubar, welche japanischen Betriebe auf artgerechte Weise produzieren, da kaum ein Unternehmen Einblicke in die eigene Produktion zulässt. Dabei wird gerne mit der Wahrung von Betriebsgeheimnissen argumentiert. Über die Zustände in diesen Produktionsstätten kann also nur gemutmaßt werden. Alle bisherigen Erkenntnisse zum Zusammenhang von Marmorierung und Haltung sprechen aber eine eindeutige Sprache.
Deutsches Wagyu
Werfen wir also einen Blick auf Deutsches Wagyu und vergleichen damit die Wagyu-Produktion in Australien und den USA. Sowohl die USA als auch Australien sind Länder, deren Fleischproduktions-Systeme im Vergleich zu Deutschland schon lange auf Kulinarik (und daher auch auf Fett) ausgelegt sind. Neben viel Weidefläche basieren beide Systeme auf einer intensiven Endmast, nach einer Phase der Weidehaltung. Das gilt für nahezu alle Rinder. Landwirte in den USA werden vom System dort für starke Marmorierungen belohnt, was in vielen Fällen wieder zu einer Überreizung der Mast in sogenannten Feedlots führt. Allerdings – das muss an dieser Stelle auch gesagt werden – gehört zum Leben der Rinder eben auch ein Teil des Lebens auf der Weide – im Gegensatz zur Produktion in Japan.
„Haltungs- und Fütterungsbedingungen spielen eine unglaubliche Rolle für die Qualität von Wagyu. Vor allem für die Qualität des Fetts“
Tobias Becker, Gründer Marblelution Wagyu (links im Bild)
Der deutsche Markt funktioniert anders
Deutsches Wagyu ist eine Spezialität, die kurioserweise davon profitiert, dass der Markt in Deutschland (noch) anders funktioniert – auf verschiedenen Ebenen. Deutschland ist ein Milchland und beim relativ kleinen Anteil der Fleischrinder liegt der Fokus schon immer auf der Fleischausbeute an Magerfleisch. Die Masse will kein Fett im Fleisch. Außerdem liegen die Standards für Tierhaltung in Deutschland vergleichsweise hoch. Anbindehaltung ist verboten und eine Tierhaltung wie mutmaßlich in Japan, wäre hier illegal. Man muss sich also andere Wege suchen, mit der Rasse Wagyu zu arbeiten. Bessere Wege. Denn auch das Bewusstsein dafür, dass Tierhaltung nicht alles darf, wächst in Deutschland stark – nicht zuletzt durch Fleischskandale.
Deutsches Wagyu: Tierwohl trifft Edelrasse
Wer in Deutschland Wagyu züchtet, muss sich also von Anfang an eine zahlungsbereite Käuferschaft heranziehen, denn die Abnehmerschaft ist begrenzt. Um die fettscheuen Deutschen nicht völlig vor den Kopf zu stoßen, konzentrieren sich viele Züchter hierzulande wieder auf Fleischgeschmack und nicht mehr nur auf die Fettmenge. Dadurch passiert etwas Wunderbares: Die kulinarisch positiven Eigenschaften des Wagyus – seine Fettmenge, die kurzen Fleischfasern und die hohe Menge an Glutaminsäure im Fleisch – verbinden sich mit den Parametern Auslauf, gutes Futter und langsames Wachstum. Die genetischen Anlagen der Tiere werden hier als Basis für ein gutes Produkt gesehen, dabei aber nicht hemmungslos ausgenutzt. Vorreiter der Wagyu-Zucht in Deutschland gibt es einige – Tobias Becker und die Marblelution Genetics GmbH, zu der auch die reinrassige Wagyuzucht von Wagyu Südtirol gehört, gehören unbestritten dazu. „Den perfekten Geschmack liefern nunmal nur Tiere, die auch ideale Lebensbedingungen haben,“ sagt Tobias Becker. Er ist der festen Überzeugung, dass erst ein hohes Maß an Tierwohl ein Genussprodukt hervorbringt, das Weltniveau erreichen kann. Um diese Philosophie in der Breite auszurollen, arbeitet Becker mit regionalen Erzeugern zusammen, die seine Rinder bei sich halten, nach Standards, die er vertraglich vorschreibt. Außerdem garantiert Becker, dass jedes im Betrieb neugeborene Wagyu-Kalb zu einem vorher festlegegten Preis gekauft wird. Ein revolutionäres System, das Skalierbarkeit und Tierwohl vereint.
Vorreiter: Marblelution Wagyu
Die Kombination aus Wagyu-Genetik und artgerechter Haltung, wie zum Beispiel bei Marblelution zu finden ist, bringt ein einzigartiges Wagyu-Beef hervor. Auf dem Bild oben ist ein Rumpsteak von Marblelution Wagyu zu sehen. Deutsches Wagyu ist intensiver im Geschmack und hat etwas mehr Biss als das aus Übersee. Dabei ist der zarte Schmelz und das edle Aroma der Rasse immer noch klar erkennbar. Deutsches Wagyu ist weder das fettigste noch das zarteste Wagyu der Welt – allerdings eines, das mit Respekt und einem Anspruch auf Tierwohl erzeugt wurde. Und gleichzeitig eines, das geschmacklich eine ganz eigene Faszination entwickelt. Durch die Kreuzung mit anderen Fleischrassen, bietet auch die F1-Generation traumhafte kulinarische Eigenschaften – ein ganz eigenes Produkt, das sich geschmacklich vor keinem Kobe-Beef verstecken muss und dem japanischen „Vorbild“ in Sachen Tierwohl weit überlegen ist.
Deutsches Wagyu kaufen
Deutsches Wagyu war lange Zeit schwer zu beziehen, mittlerweile existieren einige ambitionierte Züchter. Die Bemühungen um eine zeitgemäße und zukunftsgerichtete Wagyu-Zucht, zum Beispiel bei Phillips Wagyu, Der Vogelsberger, Wagyu Sauerland oder Schergengruber Wagyu beobachten wir schon eine ganze Weile. Auf unserem Fleischmarktplatz arbeiten wir mit Marbleution Wagyu zusammen. Die Jungs um Tobias Becker und Stefan Rottensteiner haben sich mit vollem Einsatz einer Wagyu-Zucht verschrieben, die Kulinarik, Tierwohl und Forschung verbindet. Die F1 Wagyu-Cross Produkte mit hohem Wagyu-Anteil und eingekreuztem Holstein Schwarzbunt bestechen durch ein intensives Aroma, das aus ausgedehnter Weidefütterung und einem selbst entwickelten Futtermix stammt, den die Rinder in einer moderaten Phase der Endmast fressen. Die Königsklasse des deutschen bzw. europäischen Wagyus ist für uns das Wagyu von Wagyu Südtirol, das ebenfalls unter der Marke Marbleution produziert wird: Fullblood-Wagyu von den Hängen der Dolomiten oberhalb von Bozen.
- Alle Produkte von Marblelution auf dem Fleischmarktplatz
- Alle Produkte von Wagyu Südtirol auf dem Fleischmarktplatz
[…] Solche Stücke faszinieren zwar im Mundgefühl, erinnern aber kaum noch an ein klassisches Steak. Deutsches Wagyu hat sich daher am Ende der steaktauglichen Marmorierungsskala eingependelt – und diese […]