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Kalbshirn – Grillexperiment für Mutige

Kalbshirn – Grillexperiment für Mutige

Das Kalbshirn rangiert auf der Liste der vergessenen Gaumenfreuden ganz weit oben. Wenn überhaupt findet man es noch ab und zu in einer gefälligen goldbraunen Panade ausgebacken auf mancher Speisekarte. So kaschiert, ist es dem Gast wohl noch am ehesten zumutbar. Doch spiegelt das wirklich den Gedanken von Nose to Tail wieder? Wir haben den Selbstversuch gewagt und das Hirn vom Kalb einmal ganz unverfälscht und pur verkostet.

Vergessene Delikatesse oder Ekelzutat?

Zugegeben – die glibberige und schleimige Konsistenz schreckt selbst hartgesottene Fans der Innereienküche ab. Doch probieren geht über studieren. Und letztlich handelt es sich auch nur um einen Teil vom Tier der bislang einfach zu wenig Beachtung erfahren hat. Es wird sogar wegen der ähnlichen Gewebestruktur sehr häufig mit dem äquivalentem Kalbsbries (Wachstumsdrüse) verwechselt.

Manchmal muss man sein vorgefasstes kulinarisches Bild über gewisse Zutaten überwinden, um möglichst unvoreingenommen Neues ausprobieren und genießen zu können. So auch beim Kalbshirn. Während andere Innereien wie Leber, Herz oder Nieren inzwischen eine gewisse Akzeptanz in der Genusswelt erfahren dürfen, stellt das Hirn eines Tieres nach wie vor ein großes Wagnis dar. Und selbst wenn es nach allen Regeln der Kunst zubereitet wurde, betrachten es die allermeisten eher als Mutprobe auf ihrem Teller.

Damit das Hirn (in der Metzgersprache auch bekannt als Brägen oder Bregen) bei der Zubereitung auch wirklich zum lukullischen Vergnügen werden kann, spielt die Qualität die größte Rolle. Denn hier spiegeln sich das Futter und die gesamte Haltung ebenso wieder wie bei einem Steak. Ebenfalls nicht zu unterschätzen, ist die gründliche Vorbereitung des Produkts – ist man hier nachlässig, rächt es sich später auf der Zunge.

Kalbshirn vom Grill

Aufgrund seines hohen Proteingehalts verfügt das Hirn über eine enorme Nährstoffdichte. Diese ist letztlich auch für den sehr prägnanten und einprägsamen Geschmack verantwortlich. Ein ähnliches gustatorisches Phänomen kennt man bereits von der Leber und dem Onglet. Während die beiden eher für ein typisch metallisches Aroma stehen, erinnert das Kalbshirn eher an milchiges Eiweiß und das nussige Eigenaroma von Eigelb. Verglichen mit dem Rinderhirn, ist es jedoch eher ein milder Genuss. Letzteres darf aufgrund der BSE-Erkrankungen bei ausgewachsenen Rindern laut europäischer Lebensmittelverordnung seit Oktober 2000 nicht mehr verwendet werden.

Ähnlich wie beim Fisch, kann der hohe Gehalt an Eiweiß bei der Zubereitung auf dem Grill zum Verkleben am Rost führen. Um diese Problematik zu umgehen, dient uns die Verwendung einer klassischen Holzplanke. Sie schützt zusätzlich vor zu großer Hitzeeinwirkung und hilft damit, einen gleichmäßigen Garpunkt zu erzielen.

Mit zunehmender Kerntemperatur verändert sich die Struktur vom Eiweiß im Inneren des Kalbshirn. Die wabbelige Textur, gewinnt allmählich mit jedem Grad an Festigkeit. Auch die blass-rosa Färbung wird zunehmend heller – lediglich die äußere Haut behält ihren rötlichen Farbton. Der markante, cremige Schmelz im Kern bleibt aber selbst bei einer Temperatur von über 80°C gut erhalten.

Nose to Tail ohne Kompromisse

Wir möchten uns von der Illusion, dass nur die sogenannten Edelteile am Tier wertvoll sind, befreien. Schließlich liegen die wahren Delikatessen oftmals im Verborgenen. Doch obwohl der Diskurs rund um den bewussten Fleischkonsum und die damit verbundene ganzheitliche Verwertung eines Schlachttieres mehr und mehr an Fahrt aufnimmt, gelangt er schnell an seine Grenzen. Denn umso tiefer man in die Materie der tierischen Organe eintaucht, desto stärker wird man mit vermeintlich ungewöhnlichen Texturen, Gerüchen und Aromen konfrontiert.

Und ehrlicher Weise sei gesagt: Durch die fast schon omnipräsente, permanente Verfügbarkeit von küchenfertigem Fleisch, besteht für den Endverbraucher auch überhaupt keine Notwendigkeit mehr, sich mit dem ganzen Tier zu beschäftigen. Entsprechend wenig Bezug haben die meisten Genießer heutzutage noch zu Hirn und Co.. In unserer Vorbildfunktion als Fleischbotschafter, möchten wir darum immer wieder aufs Neue über den Tellerrand hinaus blicken.

Noch mehr fundiertes Fleischwissen rund um das Kernthema findet ihr in unserer Übersicht zur Innereienküche.

Kalbshirn aus dem Smoker

4 aus 1 Bewertung

Zutaten
  

  • 1 Hirn vom Kalb schlachtfrisch
  • Beef Rub
  • Salz
  • frisch gemahlener Pfeffer

Anleitungen
 

Vorbereitung

  • Zur Vorbereitung das Hirn mindestens 1-2 Stunden gründlich wässern - zwischendurch das Wasser wechseln, um alle Unreinheiten auszuspülen.
  • Im Anschluss behutsam alle Häutchen, Blutgerinsel und Äderchen mit dem Messer entfernen, ohne dabei das Hirngewebe zu verletzen.

Zubereitung

  • Danach mit je einer großzügigen Prise Rub, Salz und Pfeffer ringsherum würzen und auf eine Holzplanke geben.
  • Im vorgeheizten Smoker bei 130-140°C schonend auf eine Kerntemperatur von 85-90°C garen.
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Autorin: Isabella Wenzel

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Kalbshirn vom Smoker: Wir machen den Geschmackstest – BBQ Teacher Video Tutorials
1 Jahr zuvor

[…] Zum Artikel mit den Rezepten: https://www.fleischglueck.de/magazin/kalbshirn-grillexperiment-fuer-mutige/ […]